Standpunkt

Die Baustelle 07/2022
die Baukonjunktur hat ihren Zenit überschritten. Die Bauunternehmen haben im März 2022 einen Umsatz von ca. 8,6 Mrd. Euro erzielt.

Das ist zwar eine gewaltige nominale Steigerung um rund 15 Prozent, aber preisbereinigt bedeutet dies nur einen realen Zuwachs um gut ein Prozent. Hier schlagen die gestörten Liefer- ketten infolge des Ukraine-Krieges ebenso zu Buche wie die immens steigenden Materialpreise.

Die Angst vor dem Mangel – sei es Diesel, Bitumen oder Stahl – hat offenbar ebenfalls zu den Verteuerungen beigetragen, nicht nur der reale Mangel selbst. Viele Unternehmen haben in großem Umfang Baumaterial auf Vorrat gekauft, was wiederum zu weiteren kurzfristigen Verknappungen führte. Generell haben die Bauunternehmen Mühe, Material zu ordern und die Preisentwicklung in den Kalkulationen nachzuhalten.

Diese Faktoren werden mit dazu führen, dass die Baufertigstellungen in 2022 deutlich unter dem Niveau von 300.000 WE verharren dürften. Derweil legen die Bauüberhänge weiter zu. Die Zahl der genehmigten, aber noch nicht fertiggestellten Wohn- und Nicht- wohngebäudeeinheiten ist auf mittlerweile 850.000 angestiegen. Viele Vorhaben können wegen der Lieferengpässe, aber auch wegen der hohen Auslastung im Baugewerbe nicht realisiert werden, obwohl die Beschäftigten- und Lehrlingszahlen kontinuierlich steigen.

Dazu passt, dass unsere Bauunternehmer immer öfter berichten, dass private Bauherren angesichts der unsicheren Situation ihre Grundstücke zurückgeben und sich vom Traum von den eigenen vier Wänden verabschieden. Zudem bieten auch vereinzelt Bauunternehmer ihren privaten Auftraggebern eine Abstandszahlung an, wenn diese im Gegenzug ihren Auftrag zum Bau eines Einfamilienhauses stornieren.

Kein Wunder also, dass sich die Zukunftsaussichten unserer Branche tendenziell eintrüben. Die Mehrheit der Unternehmen ist mittlerweile pessimistisch, was die Entwicklung über die nächsten Monate betrifft. Und auch Investoren brauchen jetzt dringend Sicherheit bei den investiven Rahmenbedingungen. So muss bei der anstehenden Fortschreibung der Anforderungen im Neubau im Gebäudeenergiegesetz zwingend auf deren wirtschaftliche Trag- fähigkeit geachtet werden. Und sollte diese nicht gegeben sein, so muss dies durch entsprechende Förderung ausgeglichen werden. Andernfalls wer- den Investitionen ausbleiben und die Baukonjunktur erhält in 2023 einen deutlichen Knick.

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