Halbjahresbilanz Baukonjunktur 2024

Zweigeteilte Entwicklung

Die zweigeteilte Konjunkturentwicklung im Bauhauptgewerbe setzt sich fort: Die Nachfragte im Wohnungsbau ist schwach. Treiber der Nachfrage im Tiefbau sind Projekte der Mobilitäts- und Energiewende.

Der Umsatz im Bauhauptgewerbe erreichte in den Unternehmen mit 20 und mehr Beschäftigten per Juni 2024 ca. 48,6 Mrd. Euro. Dies entspricht nominal einem Rückgang um gut ein Prozent, real einem Rückgang um ca. 2,2 Prozent. Die Prognose des ZDB zur Umsatzentwicklung in 2024 gegenüber 2023 steht bei real minus drei Prozent.

Die mittlerweile enger beieinanderliegenden Raten der nominalen und realen Veränderung der Umsatzentwicklung sind auf einen deutlichen Rückgang der Preisdynamik für Bauleistungen zurückzuführen. Lag die Rate der Preisentwicklung für Bauleistungen zum Ende des Jahres 2023 noch bei sieben Prozent, liegt der Wert nun noch bei ca. plus ein Prozent. Maßgeblich dafür sind der nachgelassene Druck bei der Entwicklung der Einkaufspreise aber auch der zunehmende Wettbewerb um Aufträge, insbesondere im Wohnungsbau.

Kalenderseitig bedingt fiel das Potential leistbarer Stunden im Bauhauptgewerbe im ersten Halbjahr 2024 um ein Prozent gegenüber dem Vorjahreszeitraum zurück. Tatsächlich fiel der Rückgang aber doppelt so hoch aus. Besonders stark betroffen war der Wohnungsbau, wo neun Prozent weniger gearbeitet wurde. Dies ist Ausdruck einer deutlichen Unterbeschäftigung im Wohnungsbau. Auch der gewerbliche Hochbau zeigt ein Minus; (von 3,5 Prozent). Der Hochbau insgesamt verfehlt die Leistung gegenüber dem Vorjahresniveau um 5,7 Prozent. Im gewerblichen Tiefbau stieg die Leistung im ersten Halbjahr 2024 um ca. drei Prozent, im öffentlichen Tiefbau um 0,5 Prozent. Die Leistung im Tiefbau stieg damit insgesamt um fast zwei Prozent.

Nach den Daten des Statistischen Bundesamtes zu den Betrieben mit 20 und mehr Beschäftigten konnte der Beschäftigtenstand per Juni 2024 gegenüber dem Vorjahreszeitraum noch in etwa gehalten werden. Waren in diesen Betrieben im ersten Halbjahr 2023 durchschnittlich 532.237 Personen tätig, sind es in 2024 noch 530.432 Personen; (-0,34 Prozent).

In den einzelnen Sparten zeigten sich folgende Entwicklungen:

Wohnungsbau:

Bis zum Juni 2024 wurden für den Wohnungsbau Baugenehmigungen für 106.654 WE erteilt. Das waren ca. 28.500 WE weniger als im Vorjahreszeitraum. Dabei ist zu berücksichtigen, dass bereits im Jahr 2023 ein kontinuierlicher Rückgang der Nachfrage zu verzeichnen war. Im jeweiligen Vorjahresvergleich geht die Nachfrage nach Genehmigungen mittlerweile seit 26 Monaten – also über zwei Jahre – kontinuierlich zurück. Im ersten Halbjahr 2021 wurden noch ca. 190.000 WE genehmigt. Im zweiten Quartal 2024 wurden monatlich noch zwischen 17.600 und 17.800 WE jeweils genehmigt. Eine ähnlich niedrige Nachfrage gab es zuletzt im Jahr 2011.

Die Order und der Auftragsbestand vollziehen diese Entwicklung nach: Die Order im Wohnungsbau gingen im ersten Halbjahr um nominal 12,6 Prozent zurück, der Abbau der Auftragsbestände ist zumindest zum Halten gekommen. Erstmals seit 2022 habe die Auftragsbestände in Vorquartalsvergleich wieder zugelegt um nominal zwei Prozent; real 1,5 Prozent. Im Vorjahresvergleich liegt das Niveau aber bei real -8,6 Prozent. Angesichts der Entwicklung bei den Baugenehmigungen scheint das Tal der Nachfrage erreicht zu sein. Das erreichte Niveau entspricht in keiner Weise einer auskömmlichen Marktversorgung mit Wohnraum und schon gar nicht den selbstgesteckten Zielen der Bundesregierung.

Im ersten Halbjahr erreichte der Umsatz im Wohnungsbau ca. 10,75 Mrd. Euro, ein Rückgang um gut zwölf Prozent.

Wirtschaftsbau:

Die Nachfrage im Wirtschaftsbau ist ambivalent. Die Order im Tiefbau sind auf Wachstum gestellt. Hier schlagen sich die nachhaltigen Pläne zum Ausbau der Energieinfrastruktur, zum Ausbau des ÖPNV und zum Schienenausbau der Deutschen Bahn nieder. Die Order im gewerblichen Tiefbau legten im ersten Halbjahr um nominal zehn Prozent zu.

Die Nachfrage im Wirtschaftshochbau fasste im zweiten Quartal Fuß (+ neun Prozent), nachdem im ersten Quartal noch ein Rückgang um 13 Prozent eingefahren wurde. Per Saldo liegen die Order im ersten Quartal im Wirtschaftshochbau bei nominal minus drei Prozent. Eine steigende Nachfrage ist dabei bei Büroimmobilien zu verzeichnen, die allerdings auch durch Großprojekte gepuscht ist. Nach einer Durststrecke, seit der Corona-Pandemie, belebt sich die Nachfrage nach Hotel- und Gastronomieprojekten wieder. Die zunehmende Nachfrage bei Handels- und Lagergebäuden wird weiter durch Lagergebäude gestützt, während der stationäre Handel immer noch keine Impulse verzeichnet.

Im ersten Halbjahr erreichte der Umsatz im Wirtschaftsbau ca. 21,6 Mrd. Euro, nach 21,3 Mrd. Euro im Vorjahreszeitraum; +1,7 Prozent.

Öffentlicher Bau:

Die Order im öffentlichen Bau zeigen sich im ersten Halbjahr gegenüber dem Vorjahresvergleichszeitraum gefestigt. Während die Order im Hochbau um nominal ca. vier Prozent zulegten, waren es im Tiefbau (Straßenbau und sonstiger öffentlicher Tiefbau) ca. + sieben Prozent. Insgesamt legten die Order, wegen des hohen Gewichtes des Tiefbaus, um gut sechs Prozent zu. Im Öffentlichen Hochbau stützen die Konjunkturprogramme zum Kita- und Schulausbau die Nachfrage.

Die Kommunen verweisen in ihrem aktuellen Bericht vom 2. Juli 2024 auf eine eklatant schlechter werdende Finanzlage, unter der faktisch keine neuen Investitionen geplant werden könnten. Damit werden beim wichtigsten öffentlichen Auftraggeber die Investitionsbudgets schmaler. Dies bestätigt auch das aktuelle Kommunalpanel, über welches auch der BVN an anderer Stelle informierte. 

Im ersten Halbjahr erreichte der Umsatz im öffentlichen Bau ca. 16,2 Mrd. Euro, nach ca. 15,6 Mrd. Euro im Vorjahreszeitraum; + vier Prozent.

Bewertung:

Obwohl es sich bei den hier dargestellten Fakten um bundesweite Erhebungen handelt, gibt es in Summe keine elementaren Abweichungen zu den Entwicklungen in Niedersachsen. Besonders mit Blick auf den Wohnungsbau sind die Erkenntnisse auch in unserem Bundesland mehr als besorgniserregend. Die niedersächsische Landesregierung ist über die sog. Umbauordnung einen ersten Schritt gegangen, um die Schaffung von Wohnraum zu beschleunigen bzw. zu vereinfachen. Besonders die Bundesregierung muss nun aber endlich den Autopilotmodus abschalten und die Wohnungsbaukrise angehen. Bauwillige brauchen eine wirklich signifikante Zinsstütze für den EH 55-Standard. Wenn die niedersächsische Landesregierung flankierend dazu noch die Grunderwerbsteuer reduzieren würde, ließen sich die besorgniserregenden Entwicklungen mit Blick auf die Wohnungsknappheit bzw. Wohnungsbaukrise eventuell noch eindämmen bevor es wirklich zu spät ist.     

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