Die Bundestagswahl hat eine deutliche Verschiebung des politischen Machtgefüges im Parlament gebracht. Die Parteien an den Rändern sind stärker geworden, die konsensorientierten Parteien in der parlamentarischen Mitte geschrumpft. Die Polarisierung ist die direkte Folge des Unbehagens weiter Teile der Bevölkerung über das Politikmanagement der noch amtierenden Ampel-Koalition. Der halbherzige Umgang mit der unkontrollierten Einwanderung, die fortschreitende Deindustrialisierung, steigende Lebenshaltungskosten und die Angst vor Krieg und sozialem Abstieg haben die Geduld der Wähler erschöpft. Das Bürgergeld verletzt das Gerechtigkeitsempfinden vieler Bürger. Das Vertrauen in die Lösungskompetenz aller Parteien ist geschwunden.
Hinzu kommen außenpolitische Umbrüche. Das deutsche Geschäftsmodell aus günstigem Gas, billigen Importen aus und teuren Exporten nach China trägt nicht länger. Die Taktik des amerikanischen Präsidenten, den russischen Präsidenten mit Zugeständnissen auf Kosten Europas aus dem Bündnis mit China herauszubrechen, lässt die europäischen Staatenlenker ratlos zurück. Und die Einsicht, dass auch Deutschland massiv in seine Landesverteidigung investieren muss, ruft bei Union und SPD auf Bundesebene hektische Betriebsamkeit hervor.
Die öffentlichen Investitionsbedarfe in Deutschland, in Klimaschutz und Klimaanpassung, Wohnungsbau, die Sanierung von Schulen und Hochschulen und in die überregionale und kommunale Infrastruktur belaufen sich auf fast 600 Milliarden Euro über die nächsten zehn Jahre. Hinzu kommen höhere Verteidigungsausgaben. Im Bundeshaushalt ist wenig Platz für neue Ausgaben. 2024 flossen die Staatsausgaben vor allem in die Rentenversicherung mit 115 Milliarden Euro, in die sozialen Sicherungssysteme mit 103 Milliarden Euro und in den Verteidigungshaushalt mit 52 Milliarden Euro – ohne Schattenhaushalte und Sondervermögen.
Die am 18. März beschlossenen Grundgesetzänderungen und das Sondervermögen decken nur einen Teil der benötigten Mittel für Infrastruktur, Klimawende, aber auch für Verteidigung ab. Jetzt sind gleich mehrere nationale Kraftanstrengungen notwendig, will die deutsche Wirtschaft wieder auf einen Wachstumspfad zurückkehren. Unverzichtbar sind höhere Bauinvestitionen in die Verkehrsinfrastruktur und in eine ausreichende Wohnraumversorgung – entscheidende Faktoren für den sozialen Frieden in Deutschland.
Die Herausforderungen für die nächste Bundesregierung sind gewaltig. Ohne entschlossene Strukturreformen, klare Prioritätensetzung und den Mut zu unbequemen Entscheidungen wird es nicht gelingen, Deutschland aus der Depression herauszuführen. Das Entscheidende daran ist, schnell zu handeln. Investitionen in Wachstum und Wettbewerbsfähigkeit müssen endlich Vorrang haben vor der Politik des Verteilens. Nur eine starke Wirtschaft ermöglicht sozialen Ausgleich und nachhaltigen Fortschritt.