In Zeiten der Digitalisierung ist es für Unternehmen einfacher denn je, Informationen über Bewerber online zu recherchieren. Soziale Netzwerke, berufliche Plattformen und Suchmaschinen liefern eine Fülle von Daten, die Aufschluss über den potenziellen neuen Mitarbeiter geben können. Doch welche Recherchemaßnahmen sind rechtlich zulässig?
In diesem Artikel werden die rechtlichen Rahmenbedingungen, die Risiken und die Konsequenzen einer Online-Recherche über Bewerber beleuchtet und anhand von Beispielen verdeutlicht.
Zulässigkeit der Online-Recherche im Bewerbungsprozess
Grundsätzlich ist die Recherche über einen Bewerber im Internet nicht per se unzulässig. Unternehmen müssen jedoch beachten, dass das Datenschutzrecht, insbesondere die Datenschutz- Grundverordnung (DSGVO) sowie das Bundesdatenschutzgesetz (BDSG), strenge Regeln für die Verarbeitung personenbezogener Daten vorsehen.
Nach dem Prinzip der Datenminimierung (Art. 5 Absatz 1 c DSGVO) dürfen Arbeitgeber nur solche Informationen verarbeiten, die für die Entscheidung über die Eignung des Bewerbers erforderlich sind.
Beispiel: Ein Unternehmen sucht einen Social-Media-Manager und prüft das LinkedIn-Profil des Bewerbers, um dessen berufliche Erfahrungen und Referenzen zu verifizieren. Dies ist zulässig. Hingegen wäre es nicht legitim, das private Instagram- Profil des Bewerbers nach politischen Äußerungen zu durchforsten, da dies keinen Bezug zur ausgeschriebenen Stelle hat. Je nachdem, welche Quelle zur Informationsbeschaffung genutzt wird, gibt es unterschiedliche rechtliche Konsequenzen:
- Berufliche Netzwerke (z. B. LinkedIn, XING): Hier handelt es sich um öffentlich zugängliche Daten mit berufsbezogenen Informationen. Eine Recherche ist in der Regel zulässig, solange sie sich auf die berufliche Eignung bezieht.
- Soziale Netzwerke (z. B. Facebook, Instagram, TikTok): Private Profile unterliegen einem höheren Schutz. Arbeitgeber dürfen Informationen aus diesen Quellen nur dann verwerten, wenn sie öffentlich einsehbar und für die berufliche Beurteilung relevant sind.
- Suchmaschinen (z. B. Google): Auch hier gilt, dass nur öffentlich zugängliche und berufsbezogene Informationen herangezogen werden dürfen.
Beispiel: Ein Arbeitgeber findet einen Artikel über einen Bewerber in einer lokalen Zeitung, in dem dieser als Teilnehmer einer politischen Demonstration genannt wird. Diese Information ist zwar öffentlich zugänglich, jedoch nicht für die berufliche Eignung relevant. Eine Berücksichtigung dieser Information im Bewerbungsprozess könnte gegen das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) verstoßen.
Datenschutzrechtliche Aspekte und Grenzen der Recherche
Sobald Informationen über einen Bewerber erhoben, gespeichert oder in den Entscheidungsprozess einbezogen werden, handelt es sich um eine Verarbeitung personenbezogener Daten nach der DSGVO.
Die Verarbeitung von Bewerberdaten ist nach Art. 6 Absatz 1 b DSGVO zulässig, wenn sie für die Durchführung des Bewerbungsverfahrens erforderlich ist. Eine Verarbeitung darüber hinaus kann nur mit der Einwilligung des Bewerbers oder einer anderen gesetzlichen Grundlage erfolgen.
Beispiel: Ein Arbeitgeber speichert Screenshots von Facebook-Posts eines Bewerbers, die seine politische Einstellung offenbaren. Ohne ausdrückliche Zustimmung wäre diese Datenverarbeitung unzulässig.
Risiken und Konsequenzen unzulässiger Recherche
Eine unrechtmäßige Recherche kann Datenschutzverstöße darstellen, die zu empfindlichen Geldbußen nach Art. 83 DSGVO führen können. Dies betrifft insbesondere das Auswerten nicht öffentlich zugänglicher Informationen ohne rechtliche Grundlage.
Durch die Einsicht in soziale Netzwerke könnten Arbeitgeber ungewollt Informationen über ethnische Herkunft, Religion oder sexuelle Orientierung des Bewerbers erhalten. Falls diese Informationen unbewusst in die Entscheidung einfließen, besteht das Risiko eines Verstoßes gegen das AGG.
Beispiel: Ein Arbeitgeber entdeckt auf Facebook ein Urlaubsfoto, auf dem der Bewerber mit seinem gleichgeschlechtlichen Partner
zu sehen ist. Wenn daraufhin der Bewerber abgelehnt wird, könnte dies als Diskriminierung gewertet werden.
Wird bekannt, dass ein Unternehmen systematisch Bewerber online ausforscht, kann dies das Vertrauen in
den Arbeitgeber nachhaltig schädigen. Bewerber könnten abgeschreckt werden, sich zu bewerben, und auch die bestehende Belegschaft könnte dies als bedenklich ansehen.
Praxisempfehlungen für Arbeitgeber
- Klare Richtlinien erstellen: Unternehmen sollten festlegen, welche Informationsquellen genutzt werden dürfen und welche nicht.
- Transparenz gegenüber Bewerbern: Falls Online-Recherchen durchgeführt werden, sollte dies im Bewerbungsprozess kommuniziert werden.
- Relevanz sicherstellen: Nur berufsbezogene Informationen nutzen und private Daten außen vorlassen.
- Dokumentation: Die gewonnenen Erkenntnisse sollten mit einer rechtlichen Begründung dokumentiert werden, um sich im Streitfall abzusichern.
- Schulung der Personalverantwortlichen: Die mit der Auswahl beauftragten Mitarbeiter sollten über die rechtlichen Rahmenbedingungen geschult werden.
Die Online-Recherche über Bewerber ist ein zweischneidiges Schwert. Einerseits können Unternehmen wertvolle Erkenntnisse über die Qualifikation und Eignung eines Bewerbers gewinnen, andererseits birgt sie erhebliche rechtliche Risiken. Arbeitgeber sollten daher sorgsam abwägen, welche Quellen sie nutzen und sicherstellen, dass sie die datenschutzrechtlichen Bestimmungen einhalten. Eine transparente und faire Vorgehensweise schützt nicht nur vor rechtlichen Konsequenzen, sondern trägt auch zu einem positiven Unternehmensimage bei.