Die Ampelkoalition in Berlin ist zusammengebrochen, am 23. Februar 2025 wird ein neuer Bundestag gewählt. Ohne eigene Mehrheit hatte das Bundeskabinett im November noch den Entwurf eines Tariftreuegesetzes von Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) verabschiedet. Im Dezember lag dieser Entwurf dem Bundesrat zur ersten Beratung vor. Einig sind sich die politisch Verantwortlichen, das sie die Tarifautonomie stärken wollen. Doch der Weg dahin darf keinesfalls zu einer zusätzlichen Belastung der Unternehmen führen. Erst recht nicht in einer Zeit, in der sich die Wirtschaft längst auf Talfahrt befindet.
Im Koalitionsvertrag hatten die Ampelkoalitionäre das Ziel formuliert, dass die öffentliche Auftragsvergabe des Bundes zur Stärkung der Tarifbindung an die Einhaltung repräsentativer Tarifverträge gebunden werden soll. Die Vergabe sollte auf einer einfachen, unbürokratischen Erklärung beruhen. Das war 2021. Seit dem ersten Arbeitsentwurf des Bundesarbeitsministers ist klar, dass das jetzt diskutierte Tariftreuegesetz in erster Linie neue Dokumentations- und Berichtspflichten bringt und die wirtschaftliche Dynamik damit weiter schwächt.
Eine komplette Tarifbindung bringt der jetzt vorliegende Entwurf nicht, da er sich auf einige tarifliche Mindestbedingungen beschränkt. Problematisch ist die geplante Überwachung der mehr als 20.000 jährlich vergebenen Bundesaufträge durch eine neue Clearingstelle bei der Deutschen Rentenversicherung, die über keinerlei Expertise im Vergaberecht verfügt. Der zu erwartende bürokratische Aufwand steht in keinem Verhältnis zum Nutzen der Regelungen. Problematisch ist zudem die behandelte Haftung für Subunternehmen – wie soll das pragmatisch umgesetzt werden? Welches tariftreue Unternehmen würde sich da noch um Bundesaufträge bewerben?
Im Kern bleibt das Fazit: Die Stärkung der Tarifautonomie erreicht Politik am besten, wenn sie sich nicht in das Tarifgeschäft einmischt, sondern die Tarifvertragsparteien ihre Arbeit machen lässt. Und wenn sie sich vor allem dafür einsetzt, dass die Aufträge nicht rein nach dem Preis, sondern nach der Wirtschaftlichkeit vergeben werden. Es bleibt somit abzuwarten,
wie sich das Bundeskabinett, in der die rot-grüne Bundesregierung keine Mehrheit mehr hat, nach der Befassung im Bundesrat entscheidet.
Auch in Niedersachsen will Wirtschaftsminister Olaf Lies (SPD) Regelungen verabschieden, die im Fall von Landesaufträgen das Einhalten von Tariflöhnen vorschreiben. Es bleibt zu hoffen, dass er die Bedenken der Bau- und Ausbauverbände ernster nimmt als der Bundesarbeitsminister und die Vorschläge der Wirtschaft in seinem Gesetzentwurf angemessen berücksichtigt.
Ungeachtet aller politischen und wirtschaftlichen Turbulenzen wünsche ich Ihnen einen guten Start in das Jahr 2025, wirtschaftlichen Erfolg und gute Gesundheit!