Wie aus einem vordergründig gut gemeinten Gedanken ein Zwangsinstrument zur Durchsetzung eigener Interessen wird, zeigt eindrucksvoll die Nationale Kreislaufwirtschaftsstrategie (NKWS). Die Strategie, die Bundesumweltministerin Steffi Lemke im Juni 2024 vorgestellt hat, verfolgt das Ziel, den primären Rohstoffbedarf durch zirkuläres Wirtschaften und Ressourcenschonung absolut zu senken. Aber: Das Programm konzentriert sich einseitig auf den Erhalt bestehender Bausubstanz und die Förderung von Recyclingmaterialien.
Ein zentrales Element der NKWS ist die Priorisierung des Gebäudebestands gegenüber Neubauten. Die Absicht, durch Umbau, Sanierung und Nachverdichtung den Ressourcenverbrauch zu reduzieren, mag ökologisch sinnvoll erscheinen. In der Praxis aber würde sie zu einem Desaster führen. Denn ohne Neubauten ist es unmöglich, den steigenden Wohnungsbedarf in Deutschland zu decken und gleichzeitig die Klimaschutzziele zu erreichen.
Ein weiterer gravierender Mangel der NKWS ist die fehlende Anerkennung von Ersatzbaustoffen als vollwertige Produkte. Solange diese Materialien immer noch als Abfall klassifiziert sind, bleibt ihre Akzeptanz auf Baustellen marginal. Ein weiteres kritisches Thema, das in der NKWS kaum Beachtung findet, ist die regionale Verfügbarkeit von Recyclingmaterialien. Die Strategie fordert zwar den Einsatz von Recyclingmaterialien vor Primärstoffen, ignoriert jedoch die Bedingungen vor Ort. In vielen Regionen stehen Recyclingmaterialien nicht in ausreichender Menge zur Verfügung. Müssen Materialien aber über weite Strecken angeliefert werden, dann ist sowohl der ökologische als auch der ökonomische Nutzen gering.
Ein Baustein, der ganz fehlt, ist die Digitalisierung. Der Digitale Produktpass könnte maßgeblich dazu beitragen, die Wertschöpfungsprozesse zu entbürokratisieren und die Nutzung von Sekundärrohstoffen zu fördern. Das wäre ein bedeutendes Instrument, das insbesondere mittelständische Bauunternehmen entlasten würde.
Zum jetzigen Zeitpunkt ist klar: Die NKWS ist ein unausgereiftes Konzept. Bundesumweltministerin Steffi Lemke hatte offensichtlich keine Lehren aus den sich anbahnenden desaströsen Wahlergebnissen für ihre Partei in Sachsen und Thüringen gezogen. Denn mit der deutlichen Absage der NKWS an den Neubau konterkariert sie unverhohlen die Anstrengungen der Bundesregierung, die Wohnungsnot zu lindern. In Zeiten größter Wohnungsnot erteilt die Ministerin mit der Kreislaufwirtschaftsstrategie dem Wohnungsneubau eine klare Absage. Die Anhänger der Grünen mag das erfreuen. Die vielen hunderttausend Menschen, die eine bezahlbare Wohnung suchen, nicht. Ein fatales Signal.