In der Tarifrunde 2024 haben die Bauarbeitgeber den Schiedsspruch des Schlichters abgelehnt. Damit ist nach den freien Verhandlungen auch das Schlichtungsverfahren gescheitert. Die Friedenspflicht ist beendet. Es herrscht Arbeitskampf, gestreikt wurde ab dem 13. Mai. Die gegensätzlichen Vorstellungen zwischen den Tarifvertragsparteien waren einfach unüberwindbar.
Die IG BAU zog mit ihrer alten Forderung von 500 Euro mehr pro Monat für alle Beschäftigten in den Kampf. Das war zu erwarten gewesen. Die Arbeitgeber hatten eine Tarifempfehlung vorgelegt, die die wirtschaftliche Situation der Betriebe insbesondere im Wohnungsbau berücksichtigt und die Leistungsträger in den oberen Lohngruppen der Unternehmen angemessen beteiligt. Nach den Streiks haben Arbeitgeber und Gewerkschaften die Gespräche zur Lösung des Konflikts wieder aufgenommen. Das Ergebnis stand bei Redaktionsschluss Mitte Mai allerdings noch nicht fest.
Unsicherheit besteht auch bei einem anderen Thema: Die Verabschiedung der EU-Lieferkettenrichtlinie durch das Europäische Parlament hat die Diskussion über Sinn und Zweck einer derartigen Vorschrift neu befeuert. Unsere Betriebe werden nach Umsetzung der Richtlinie in deutsches Recht mit noch mehr Regularien konfrontiert werden, die das tägliche Arbeiten weiter und unnötig verkomplizieren. Denn in der Praxis bedeutet das: Vom Rohstoff bis zum fertigen Produkt soll innerhalb der gesamten Wertschöpfungskette die Einhaltung der Standards sichergestellt werden.
Es müsste dann auch geprüft werden, woher zum Beispiel das Kupfer in einer verwendeten Schraube kommt und ob es korrekt abgebaut wurde. Und woher kommen das Silizium für Batterien und das Rohöl für den Asphalt, die Kunststoffe und die Dämmung? Diese und eine unüberschaubare Vielzahl ähnlicher Fragen kann kein Bauunternehmer im laufenden Betrieb beantworten. Doch selbst wenn Handwerker und mittelständische Unternehmen vom Anwendungsbereich der Richtlinie nicht direkt erfasst werden, entstehen ihnen doch unkalkulierbare Haftungsrisiken in dem Moment, wenn große Unternehmen die gesetzlichen Regeln auf sie als Zulieferer und Dienstleister abwälzen.
Wir können nur hoffen, dass bei der Umsetzung der EU-Richtlinie der Fokus auf die Bedürfnisse der kleinen und mittleren Betriebe gelegt wird. Die nationalen Regelungen sind bereits jetzt praxisfern und bürden unseren Unternehmen Nachweispflichten auf, die in keinem Verhältnis zum eigentlichen Zweck stehen. Eine Richtlinie aus Brüssel, die in vielen Punkten noch weiter geht, wird der Wettbewerbsfähigkeit und dem angestrebten Befreiungsschlag im Bürokratieabbau einen weiteren Bärendienst erweisen.