Standpunkt

Die Baustelle 03/2023
Als die erste Bundesregierung aus SPD und Grünen im Jahr 1998 ihre Arbeit aufnahm, machte sich das Kabinett Schröder/Fischer unverzüglich daran, einige Herzensprojekte ihrer Parteimitglieder in die Tat umzusetzen. Diese Vorgehensweise erfreute damals zwar die rot-grüne Klientel, aber viele Gesetzesvorhaben erwiesen sich als theorielastig und praxisuntauglich.

Als die erste Bundesregierung aus SPD und Grünen im Jahr 1998 ihre Arbeit aufnahm, machte sich das Kabinett
Schröder/Fischer unverzüglich daran, einige Herzensprojekte ihrer Parteimitglieder in die Tat umzusetzen. Diese
Vorgehensweise erfreute damals zwar die rot-grüne Klientel, aber viele Gesetzesvorhaben erwiesen sich als
theorielastig und praxisuntauglich. Sie trugen eher zur allgemeinen Verunsicherung bei und hemmten die wirtschaftliche
Dynamik nachhaltig. 

Denkt man an das gegenwärtige Chaos bei der Neubauförderung des von Robert Habeck angeführten Bundeswirtschaftsministeriums, dann fühlt man sich etwas an die Zeit vor 25 Jahren zurückerinnert. Neubau ist politisch nnicht mehr gewollt. Die KfW-Förderprogramme wurden daher überstürzt umgebaut und ab 2023 sind nur noch 1,1 Milliarden Euro für den Neubau eingeplant. Bis Mitte 2022 standen Bauherren dagegen jedes Jahr noch zehn Milliarden Euro für Kredite und Tilgungszuschüsse dafür zur Verfügung. 

Diese politische Weichenstellung hat in Verbindung mit mhohen Energiepreisen, stark gestiegenen Materialkosten und steigenden Bauzinsen zu großer Unsicherheit bei Bauherren und Investoren geführt. Viele schieben ihre Bauentscheidung nach dem abrupten Förder-Aus und der nicht mehr verlässlichen Förderpolitik der Bundesregierung auf oder werfen ganz das Handtuch. Die Folge sind stark rückläufige Auftragseingänge und immer weniger Baugenehmigungen. So werden 2023 schätzungsweise nur 245.000 Wohnungen gebaut werden – nach 302.000 im Jahr 2020. 

Die anhaltend negative Entwicklung bei den Baugenehmigungen ist ein Warnzeichen für den Wohnungsbau in Deutschland. Bei einer Nettozuwanderung von rund drei Millionen Menschen seit 2015 und wegen der dramatisch zunehmenden Wohnungsnot hätte die Bundesregierung ihre Förderpolitik konsequent auf den Neubau ausrichten müssen. Doch stattdessen werden die Anforderungen noch einmal nach oben geschraubt. Die jetzt von der Bundesbauministerin Klara Geywitz vorgestellte Bindung der Förderung an den EH40-Standard plus Zertifizierungbelastet potentielle Bauherren noch einmal zusätzlich. Deshalb wird sich der vorhandene Wohnraummangel in deutschen Ballungsgebieten noch weiter verschärfen. 

Jetzt ist Geduld gefragt. Wie der Blick in die Vergangenheit zeigt, verfolgte das Kabinett Schröder/Fischer nach einer eher ideologisch beeinflussten ersten Legislaturperiode in seiner zweiten Amtszeit ab 2002 einen pragmatischen und wirtschaftsnäheren Politikansatz. Dazu gehörten die Hartz-IVReformen, die den Grundstein für die wirtschaftliche Erholung legten. Insofern kann man auch bei der Baupolitik der Ampel- Koalition darauf hoffen, dass die Wohnungsbauförderung sich in einer eventuell zweiten Amtszeit dieses Parteienbündnisses mehr an den gesellschaftlichen Realitäten orientieren wird. Denn Wohnraum bleibt immer noch ein zu knappes Gut und der Druck steigt angesichts des weiteren Zuzugs von Geflüchteten aus der Ukraine, hier für spürbare Entlastung zu sorgen.

 

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